Halbzeit in den Highlands

Ich habe festgestellt, dass ich schon seit über zwei Wochen bei Les & Rob in den Highlands wohne. Kaum zu fassen, wie schnell die Zeit vorbei geht. Mir gefällt es hier so unglaublich gut und die Arbeit macht mir total Spaß. Ich versuche mal alles in eine logische Reihenfolge zu bringen.

Als wir vor über zwei Wochen in Ullapool gestrandet sind, haben uns Lesley & Robert dort eingesammelt und dann sind wir 20 Meilen ins Nichts gefahren. Auf dem Weg zu ihrem kleinen Pub konnte ich die Augen gar nicht vom Fenster abwenden, die Landschaft ist so gigantisch und wirklich so, wie man sich die schottischen Highlands vorstellt. Die beiden führen also den kleinen Pub „The Altnacealgach Inn“, in dem es morgens Frühstück gibt und abends Dinner. Mittags bieten wir Kaffee & Tee mit selbstgemachtem Gebäck, meistens Scones, sowie Sandwiches an. Alle diese Einnahmen gehören Les & Rob. Das Motel mit den 5 Räumen gehört Paul, der aber die letzten Wochen nicht da gewesen ist. Wir kümmern uns mit um das Motel und die Gäste, die Einnahmen gehören aber Paul. Sprich wir haben die Arbeit und Paul das Vergnügen. Das Verhältnis zwischen den drei ist etwas schwierig, aber es funktioniert. Und deswegen ist unsere Hauptarbeit nicht wie bisher Putzen & Betten machen, sondern der Pub. Die Zimmer sind morgens immer schnell fertig und dann helfen wir nachmittags und abends im Pub. Ich hätte nie gedacht, dass mit das Spaß machen könnte, in der Küche zu schnibbeln, zu servieren und an der Bar zu zapfen, aber ich liebe das total. Denn hier kann ich endlich das tun, was ich bisher bei unseren Jobs vermisst habe: Mit anderen Menschen arbeiten und viel mit verschiedenen Leuten sprechen. Man glaubt es gar nicht, aber wir sind vor allem um die Kaffeezeit immer ziemlich beschäftigt, weil wir der erste Pub von Ullapool aus sind und so viele Durchreisende vorbei schauen. Das Klientel sind auch endlich nicht mehr nervige Teenies wie in Knockree oder verstockte Rentner wie bei Conner, sondern ein bunt gemischtes Publikum, von Einheimischen über Wanderer bis hin zu Motorradfahrern, die wir hier sehr viel haben.

Zurück zum Anfang. Als wir hier angekommen sind, haben wir in einem Gästezimmer geschlafen, denn unser Zimmer war ein einziges Chaos, das wir am nächsten Tag erst einmal beseitigt haben. Wir schlafen nämlich in einem Raum des Motels, der nicht vermietet wird, weil dort die Bettwäsche, Handtücher etc. gelagert wird. Aber das bisschen stört gar nicht, denn wir haben endlich ein riesiges Zimmer mit Heizung und zwei Einzelbetten. Wir finden, dass es das schönste Zimmer ist, was wir bisher hatten. Wir haben eine kleine Küche, die wir nicht benutzen, weil wir immer mit Les im Pub kochen und essen. Das einzige Manko ist unser Bad, denn unsere Dusche können wir nicht benutzen, weil die undicht ist und der Boden sonst nass wird. Paul wills aber nicht reparieren, weil ihm das Zimmer kein Geld bringt und deswegen müssen wir jeden Tag aufs Neue überlegen, welches Gästezimmer wann frei ist, sodass wir dort duschen können :-D.

Dadurch, dass wir nicht durchgehend arbeiten, sondern immer mal wieder zu unterschiedlichen Uhrzeiten, haben wir nie so richtig frei. An schlechten Wettertagen hängen wir viel im Pub und warten einfach auf Gäste. Aber seit die Hitzewelle durch Europa rollt und die Schotten völlig aus dem Häuschen sind, weils hier tatsächlich über 20 Grad sind, nehmen wir uns mittags schon mal frei. Rob achtet auch immer darauf, dass Les uns nicht zu sehr einspannt. Anfangs dachte ich, ich werde hier verrückt. Außer uns gibt es hier nichts, die nächsten Nachbarn, Kate & Steve, wohnen 6 Meilen entfernt, was ca. 10km sind :-D. Aber mittlerweile sind wir ziemlich gut im Faulenzen und Nichts tun ohne uns zu langweilen. Manchmal brauchen wir eine Stunde, um zu entscheiden, ob wir was essen wollen oder nicht :-D. Wir haben aber auch tolle Freizeitbeschäftigungen für uns entdeckt: ich habe wieder mit dem Jogg angefangen, wir gehen viel mit Hund Pip spazieren oder rennen mit Rob irgendwelche Berge hoch, wir ärgern die Schweine, die sich Les hält, um Bacon zu machen und Teresa geht im Loch Borallan schwimmen, dass direkt vor unserer Haustür liegt. Ich hab das auch mal probiert, mir ists aber zu kalt  :-D. Unsere neue Lieblingsbeschäftigung ist Rudern auf dem Loch. Am Anfang war es schwer, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, aber mittlerweile klappt es gut. Wir versuchen die warmen Tage auszunutzen und so viel wie möglich uns am Wasser aufzuhalten. Die Ruderboote werden eigentlich an Fischer verliehen, sodass wir eben nur rudern können, wenn niemand das Boot gemietet hat.  

An einem Tag wurden wir zum Berg „Knockan Crag“ geschickt, wo es einen kleinen Lehrpfad über die verschiedenen Steinsorten gibt und Erklärungen, wieso die jüngsten Steinschichten unter den älteren Steinschichten sind. Das war ein cooler Nachmittag, weil die Aussicht da einfach so besonders gewesen ist. An einem anderen Tag waren wir zusammen mit Sean und Tom, zwei Typen die hier in der „Nähe“ arbeiten, nach Inverness gefahren. Dort waren Teresa und ich ja schon 2013 mit Jenny und Jacqueline, weshalb wir die Stadt schon kannten und nur kurz durch die City gebummelt sind und uns dann am River Ness und am Inverness Castle in die Sonne gesetzt haben, während die Jungs ihre Einkäufe erledigt haben. Abends haben wir uns dann in die Castle Tavern gesetzt und was getrunken, später sind die Jungs dazu gestoßen und dann sind wir zurück gefahren. An dem Tag waren wir 12 Stunden unterwegs, 4 davon im Auto. Da waren wir abends richtig platt. Zwei Mal bin ich mit Rob nach Ullapool gefahren, um ein bisschen zu bummeln. Das ist ein süßer kleiner Ort, der glaube ich bei Sonnenschein richtig schön ist, aber ich war immer nur bei Nebel da :-D. Momentan ist hier richtig was los, denn Lesleys Enkelkinder (nicht Roberts, denn die beiden waren jeweils schon mal verheiratet) Rose (8) und Jamie (11) sind hier und mischen den Laden auf. Die kleine Rose hat uns heute geholfen, die Betten zu machen und Jamie schaut den ganzen Tag Formel 1 und erklärt uns die Regeln und Besonderheitenund wer gewonnen hat :-D.

Wie ihr merkt, sind die meisten Tage also entspannt. Wir helfen im Pub und gehen spazieren oder rudern und helfen wieder im Pub. Heute Nachmittag zum Beispiel waren wir beide alleine mit Jamie her drei Stunden und haben den Laden alleine geschmissen. Ich mag das, dass Les und Rob uns da so vertrauen. Die beiden sind total witzig, hier fühle ich  mich von all meinen Workaway Erfahrungen bisher am wohlsten. Ich mochte es zwar bei Conor auch, aber hier macht die Arbeit mehr Spaß und die Landschaft gefällt mir am besten, und all das macht das perfekte Gesamtpaket! Und das tolle an der Arbeit in der Küche ist, dass wir schon tolle schottische Rezepte gelernt haben! Teresa hat uns einmal deutsches Brot gebacken, weil wir kein Toast mehr sehen können. Das hat sogar den vier Fischern aus Glasgow geschmeckt, die hier waren :-D.

In den nächsten zwei Wochen werden wir noch eine Whisky-Brauerei anschauen, mit zum Gemüsemarkt fahren, zu einem kleinen Badestrand laufen, in einen kleinen Ort in der Nähe fahren und dann mal sehen, was es noch so gibt. Bald kommt der Kino-Truck hier in die Gegend, dann gehen wir ins Kino :-D. Jamie und Rose bleiben noch bis Donnerstag.

Und meine Rückreise ist auch schon geplant:

Am 20.07. brechen Teresa und ich hier auf und fahren nach Glasgow. Am 22.07. fliege ich dann von dort aus nach Amsterdam, nehme den Zug nach Den Helder, wo Mama & Papa mich abholen und mit nach Callantsoog nehmen und dann fahren wir nach einer Woche zusammen nach Hause :-). Ob Teresa noch weiterreist oder auch nach Hause fliegt, wusste sie noch nicht.

P.S. Ich probiere zwischendurch immer mal wieder, Fotos hochzuladen, aber wir haben hier Satelliteninternet, das vor allem jetzt wo Ferien sind und stark belastet wird, ziemlich schlecht ist :-). Sobald ich mal wieder richtiges Internet habe kommen dann die Bildergalerien zu Edinburgh und den Highlands! :-)